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Gute Laune in Frankreich
7 janvier 2007

Deutscher Ordungsinn versus französischem Savoir Vivre

Pia träumte schon seit langem davon im „Carrefour du Textile“ in Pont Audemer zu arbeiten. Irgenwie fand sie die Mischung aus Stoffen, Farben, Garnen, Wolle und Perlen unwiderstehlich. Zudem zog sie die Lage und die Darbietung magisch an. Dass sie tatsächlich mal jeden Tag in diesem Laden stehen würde, hätte sie im Traum nicht gedacht. Und doch ist es wahr geworden.
Womit nur mal wieder bewiesen wäre: wenn man kühn genug ist, dem Universum einen total verrückten Wunsch zu schicken und diesen dann loslässt, dann ist das Universum verrückt genug, diesen Wunsch auch zu erfüllen.
Sie fing also an zu arbeiten und war happy!

Für Nichtkenner des Ladens: Es handelt sich um ein wunderschönes altes, leicht lädiertes, französisches Geschäft, das nach aussen hin relativ gepflegt und geordnet geführt wird.
Die Betonung liegt auf: nach außen hin.
In den Schubladen, hinter der Kasse, in der einen oder anderen Ecke, in den Lagerräumen, auf dem Speicher und im Büro herrschen Chaos! Totales Chaos!!! Kunden beschreiben das Geschäft als die Höhle des Ali Baba. Wenn man lange genug sucht, findet man immer etwas, dass man gebrauchen kann. Und die Unordnung scheint niemand so richtig wirklich zu stören. Das gehört wohl zum französischen Lifestyle.
Tja und dann kam Pia.
Und die krempelte die Hemdsärmel hoch
Und wie jeder Neuanfängling, ging sie mit Enthuisasmus und einer gewaltigen Prise deutsch-arrogantem „Also ich würde den Laden hier ganz anders und viel effektiver organisieren!“ an die Sache.
Natürlich nicht ohne vorher zu fragen. Soviel Takt hatte sie.
Also machte sie echt geile Vorschläge. Dies und Jenes könnte man doch verändern, das Eine oder Andere hier hin räumen und warum hatten die beiden Mädels, die dort schon seit 18 Jahren arbeiteten, nicht schon längst daran gedacht, es so oder so zu machen. Doch der frische Wind den sie glaubte einzubringen, wurde immer wieder abgeblockt.
Frustriert musste sie sich den immer wiederkehrenden Satz anhören:
„C’est impossible! Das geht nicht“ Inklusive Erklärung, warum, wieso und weshalb nicht.
Und eines Tages kam Pia nach Hause und hatte einen Mörderfrust.
“Ich kapier’s einfach nicht“ wetterte sie ihren verdutzten Mann an.
„Wie kann man nur so negativ sein? Himmel Herrschaft, dieses Ding ist eine Goldgrube! Das hat nur noch keiner kapiert. Die könnten Kohle ohne Ende machen. Warum geht immer alles nicht?!“
Pias Mann, eine treue Seele, hatte leider nur folgenden Spruch zu bieten:
„Well darling, welcome in the real world!“
„Well thank you very much, that helps.” dachte sich Pia unzufrieden


Aber wie so oft in ihrem Leben, hatte auch diesmal das Universum eine kleine Lektion für sie parat.
Ihr Mann kam über Weihnachten nach Hause. Nicht nur für ein Wochenende, wie sonst üblich, sondern für sage und schreibe drei Wochen am Stück!
Da Pia ja nun fast den ganzen Tag arbeitete, schmiss er (am Anfang noch sehr begeistert, mittlerweile legt sich auch das wieder) den Haushalt. Und regte sich mördermässig über die liegengeblieben Wäscheberge auf.Was der Mann nicht weiß: Pia’s Wäscheberge haben System. Da ihr Trockner seit ein paar Jahren den Dienst verweigert (nach 10 Minuten fängt er grundlos an zu piepsen und teilt völlig falsch aber unmissverständlich mit, dass der Filter voll ist) kann sie entweder jeden Tag waschen, um dann mit permanent trocknender Wäsche in ihrem Schlafzimmer zu leben oder aber alles fein säuberlich sammeln, einmal alle zwei Wochen ein grosses Waschwochenende starten und auf die Mithilfe von Sonne und Wind hoffen.
Pia wäscht also ihre Wäsche, tut sie in den Trockner, wartet bis das blöde Ding zu piepen anfängt und hängt dann die kochendheisse und dampfende Wäsche auf die Ständer im Schlafzimmer (Keller gibt es leider nicht).
Dann öffnet sie die Fenster und der Durchzug trocknert die Wäsche in Null komma nix.
Bügeln braucht sie so gut wie gar nicht mehr, da der heiße Dampf das schon für sie erledigt hat.
Dann wird die Wäsche zusammengelegt und das war’s.
Und nun kam ihr Mann und wütete angesichts des vermeintlichen Wäschechaos. Und natürlich, wie sollte es auch anders sein, durchschaute er die Sache mit Trockner und heiß aufhängen überhaupt nicht. Er wusch und wusch und hängte die Wäsche irgendwie, n’importe comment auf die Leine. In seinem Eifer, alles in kürzester Zeit zu waschen, machte er sich leider nicht die Mühe zwischendrin zusammenzulegen, sondern häufte alles fein säuberlich auf das Bügelbrett. Mit dem Ergebnis, dass Pia einen absoluten Koller bekam, als sie die meterhohen Berge von völlig verknitterten T-Shirts, Hosen und Pullis sah. Und obwohl sie einen ganzen Sonntag damit verbrachte, zähneknirschend die Wäsche mit dem verhassten Bügeleisen wieder einigermaßen glatt zu bekommen, musste sie sich bei ihrem Mann für das Wäschwaschen bedanken, der es ja nur gut gemeint hatte und ihr helfen wollte. Der wiederum konnte sich die leicht kiebige Frage nicht verkneifen, warum sie es denn erst zu so einem Wäscheberg hatte kommen lassen.
„Weil meine Wäscheberge System haben!“ antwortete sie verzweifelt
„Dieses Durcheinander soll System haben? Das glaube ich dir nie und nimmer!“ kam es als Antwort zurück!

Moral von der Geschichte:

In einem vermeintlicher Chaso herrscht System.
Und wenn dann einer kommt und meint er könnte das Chaos beseitigen und alles viel besser machen, macht er es manchmal nur noch schlimmer.

Nach diesem lehrreichen Wochenende zuhause (vielen Dank liebes Universum!) tigerte Pia am Montag in den Laden und versuchte dem dort herrschenden Durcheinander etwas Positives abzugewinnen. Erstaunlicherweise wissen Brigitte und Noël genau wo sich die tausend und eine Sachen befinden - wenn Pia sie nicht gerade umgeräumt hat. Und Pia musste (nochmal) zähneknirschend anerkennen, dass die vermeintliche Unordnung durchaus logisch ist.

Hier und da geht es ihr noch mächtig gegen den Strich und sie ist nach wie vor der Meinung, man könnte das eine oder andere, hier und da, so oder so, viiiiiel besser machen.

Aber vorerst hält sie erst einmal die Klappe!

Denn sie hat gelernt, dass nichts so unangenehm sein kann wie jemand der es besser weiss und auf Biegen und Brechen, ein seit Jahren hervorragend funktionierendes System über den Haufen werfen will.
Denn manchmal ist „neu“ eben nicht gleich „besser“, sondern „alt“ und „bewährt“ durchaus von Vorteil!

In diesem Sinne: einen wunderschönen Gute Laune Sonntag und lasst Euch Euer Chaos nicht madig machen!

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Commentaires
E
Wunderbar beobachtet und geschrieben!<br /> <br /> Das System im Chaos durchschaut mein Mann bei mir leider auch nicht und bildet sich fest ein, er sei ordentlicher, weil er die Sachen (anfallsweise) außer Sicht schafft und IRGENDWO hin stopft. Und ich dann fluchend stundenlang suche.<br /> (Um ehrlich zu sein, wir sind beide unordentlich - jeder auf seine Art...)<br /> <br /> Im Zusammenhang mit Dir, wären mir die Begriffe Unordnung und Chaos allerdings als allerletztes eingefallen, Pia. Du scheinst mir - die ich nach dem Lustprinzip oder unter Druck funktioniere - immer ein leuchtendes Beispiel in Ordnungsbedürfnis und Selbstdisziplin.<br /> <br /> Und ich meine doch, dass Du frischen Wind ins Carrefour du Textile gebracht hast! <br /> Spürbar mehr Anregung und Kreativität. <br /> Einziger Hemmschuh sind noch die recht stolzen Preise für alle Bastelzutaten. Wenn Du die durch mehr Umsatz senken könntest...<br /> <br /> Bon courage pour la rentrée demain<br /> <br /> Elena
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